Inhalt

Einleitung

Was ist Onshape?

Onshape ist ein cloud-basiertes CAD-System. Falls man auf private Dokumente verzichten kann, ist die Nutzung kostenfrei.

Onshape eignet sich gut zur Modellierung von genau bemaßten Werkstücken - z.B. Ersatzteilen, die man als 3D Druck fertigen möchte.

Es ist - auf Englisch - sehr gut dokumentiert, inklusive einer Video-Einführung in CAD und Tutorials (Anmeldung erforderlich).

Die eigene Arbeit kann versioniert werden. Weiterhin kann Onshape kooperativ in Teams genutzt werden und ist mobiltauglich (habe ich beides nicht getestet).

Stand Ende Januar 2017 halte ich das Tool für sehr gut nutzbar - dabei ist zu berücksichtigen, dass es einer relativ hohen Entwicklungsgeschwindigkeit unterliegt und an manchen Stellen noch Bugs hat.

Konventionen im Text

Kamerabewegung

Wie läuft der Design-Prozess mit Onshape?

Werkstücke basieren auf zweidimensionalen Zeichnungen ("Sketches"). Dreidimensionale Teile ("Features") entstehen, indem zweidimensionale Flächen durch Extrusion ("Extrude"), Rotation ("Revolve"), dem "Ziehen entlang eines Pfads" ("Sweep") oder durch Verknüpfung ("Loft") Ausdehnung in eine dritte Dimension verliehen wird.

 Ein Klick auf die Bilder vergrößert diese.
Extrusion2D Entwurf eines Verbinders
Rotation
Sweep
Loft

Features können miteinander zu "Parts" kombiniert werden. Dabei kann Material hinzugefügt oder abgezogen werden. Addition, Subtraktion und Schnittbildung sind zwischen Parts möglich.

Weitere Features, z.B. zum Abrunden ("Fillet") oder Anschrägen von Kanten ("Chamfer"), zur Erzeugung von Wiederholungen usw. stehen zur Verfügung.

Alle Features landen in einer Featureliste, die - wie ein Backrezept - den Aufbau des Modellteils beschreiben. Sie können auch später modifiziert werden - die gesamte Aufbauanleitung wird dann erneut ausgeführt.

Abschließend können Werkstücke zu Aufbauten ("Assemblies") zusammengesetzt werden. Für industrielle Anwendungen können dann technische Zeichnungen mit Maßangaben erzeugt werden.

Sketches erstellen und bearbeiten

Ein Sketch wird auf einer Ebene angelegt. Dies kann eine der Ebenen ("Plane") der "Default Geometry" (Front, Top oder Right) sein, ein planer Oberflächeteil ("Face") eines bereits erzeugten Features oder Parts oder eine vom Benutzer angelegte Ebene. Ein Rechtsklick auf die entsprechende Ebene öffnet ein Kontextmenü, mit "New Sketch" wird eine leere Zeichnung angelegt. Der neue Sketch taucht in der Featureliste auf.

Der Hotkey N lässt die Kamera so rotieren, dass die Blickrichtung senkrecht auf die Ebene des Sketches steht und die Ränder des Sketches horizontal bzw. vertikal orientiert sind.

Nun können mit den Sketch-Werkzeugen zweidimensionale Formen und Linienzüge erstellt werden. Wichtig ist, dass man während des Zeichnens keinen großen Augenmerk auf absolute Korrektheit der Längen und Winkelmaße legen braucht - diese werden später über entsprechende Dimensionsangaben oder Beschränkungen ("Constraints") gesetzt oder berechnet. Hat ein Zeichnungselement noch Freiheitsgrade, z.B. hinsichtlich seiner Orientierung oder seinen Dimensionen, so wird es blau dargestellt. Zeichnungselemente, die vollständig unveränderbar sind, erscheinen dagegen schwarz. (Dabei gibt es kleinere Spitzfindigkeiten, so wird z.B. eine Linie, deren Beginn im Ursprung des Koordinatensystems fixiert wurde und die per Constraint senkrecht steht, schwarz dargestellt - ihr Endpunkt aber blau. Der Endpunkt kann entlang der Linie nach oben oder unten verschoben werden und macht die Linie damit länger oder kürzer.)

Die Nutzung der Constraints scheint oft besser zu sein als das komplette Ausspezifizieren von Dimensionen, da die entworfenen Teile so robuster gegen Änderungen werden. Dabei ist wichtig, die Ziele des Designs ("Design Intent") im Blick zu behalten. Will man z.B. eine Platte mit zwei Bohrlöchern entwerfen, die jeweils den gleichen Abstand zu den nächsten horizontalen bzw. vertikalen Kanten haben, ist es günstiger den Abstand nur an einer Stelle zu dimensionieren und für jeweils zweiten Abstand mit einem Gleichheitsconstraint zu arbeiten. So kann die Größe der Platte verändert werden und die Bohrlöcher wandern mit. Anders wird es sein, wenn eine zweite, vorgegebene Platte mit Bohrlöchern mit dem neuen Teil verschraubt werden soll - dann sollte der Abstand der Bohrlöcher spezifiziert werden.

Zur Erstellung des Sketches stehen eine Vielzahl von Werkzeugen zur Verfügung, so z.B. zum Zeichnen von Linienzüge, Splines, Kreise in diversen Varianten, regelmäßige Polygone usw.. Zeichnungselemente können gespiegelt, mit Offset oder entlang von Kreisbahnen und Pfaden wiederholt werden.

Eine Sonderstellung nimmt dabei der Umschalter "Construction" (Hotkey Q) ein. Schaltet man ihn ein, entstehen in Folge Linien mit einem Strichpunktmuster, die rein der Konstruktion dienen (z.B. als Rotationsachsen, oder um Längengleichheitsbedingungen spezifizieren zu können). Konstruktionslinien können keinen Kanten von Features werden. (Sie können allerdings mit Kanten zusammenfallen; dann ist die Konstruktionslinie in aller Regel aber überflüssig.)

  • Hotkeys: Viele Werkzeuge lassen sich per Hotkey erreichen. Dieser wird als Mouse-Over eingeblendet - genauso wie eine kurze Hilfe zum jeweiligen Werkzeug.
  • Linienzug: Durch mehrfaches Klicken setzt man die Punkte eines Linienzugs. Ein Doppelklick setzt den letzten Punkt. Eine einzelne Linie kann man per Klicken und Ziehen erzeugen (oder durch Klick für den Start- und Doppelklick für den Endpunkt).
  • Spline: Analog zum Linienzug - nur Klicken und Ziehen funktioniert nicht.
  • Offset: Ein Klick auf eine einzelne Linie oder Kurvensegment macht ein Offset exakt für diesen Bereich. Klicken und Ziehen erweitert den Offset auf alle verbundenen Linien und Kurvensegmente.
  • Verlassen der Werkzeuge: Viele Werkzeuge bleiben nach einmaliger Nutzung aktiv (was häufig das gewünschte Verhalten ist). Die ESC Taste verlässt das aktuelle Werkzeug.

Sobald eine Form geschlossen ist, wird sie leicht grau gefüllt - eine solche "Region" kann zur Erzeugung eines Körpers verwendet werden. Nicht geschlossene Linienzüge und Splines können dagegen nur Oberflächen ("Surface") erzeugen. Im Hinblick auf 3D-Druck sind diese nur dann nützlich, wenn sie im Weiteren mit dem "Thicken" Werkzeug Volumen erhalten.

  • Das Selektieren von Elementen in Onshape läuft anders als in vielen anderen Programmen. Klickt man nacheinander auf Zeichnungselemente, Features o.Ä., so werden sie immer zur Selektion hinzugefügt - so als ob man in diversen Windows-Programmen mit gedrückter Strg-Taste selektiert.
  • Zieht man ein Selektionsrechteck von links nach rechts, werden alle komplett überdeckten Elemente selektiert. Zieht man das Rechteck dagegen von rechts nach links, werden alle angeschnittenen Elemente selektiert.

Feature-Werkzeuge

Die allermeisten Werkzeuge zur Erzeugung von Features funktionieren ähnlich. Die Nutzung wird hier anhand des Revolve-Werkzeugs rudimentär erklärt. Aktiviert man ein Feature-Werkzeug, so öffnet sich ein Dialog, zur Abfrage der notwendigen Eingangsdaten, z.B.:

Der rote Titel zeigt, dass das Feature nicht berechnet werden kann. (Ursachenforschung kann man ansatzweise per Mouse-Over betreiben, allerdings sind die Hinweise oft nur sehr pauschal und wenig hilfreich.) Hier fehlen die Angaben, welche Zeichnungselement rotiert werden sollen und welche Linie die Rotationsachse ist.

Unterhalb des Titels kann man angeben, ob ein Körper oder eine Oberfläche erzeugt werden soll - "Solid" wird in aller Regel richtig sein.

Hat man "Solid" gewählt, so kann man in der dritten Zeile auswählen, ob ein neues "Part" erzeugt werden soll, oder ob man Material hinzufügen oder abziehen möchte. Intersect bietet die Möglichkeit, bestehende Körper mit dem neu erzeugten Feature verschnitten werden sollen.

Die Felder darunter zeigen an, welche Elemente für das Erzeugen des Features verwendet werden sollen. Durch Selektion werden Elemente dem jeweils blau unterlegten Feld hinzugefügt. In diesem Fall können also 1-n Zeichnungsteile für die Rotation selektiert werden. Ist diese Selektion abgeschlossen klickt man auf das zweite Feld, um in diesem Beispiel die Rotationsachse festzulegen. Dazu selektiert man genau eine Linie (die dann als Achse verwendet wird) oder einen Kreisbogen (Achse ist dann eine Normale durch den Mittelpunkt des Kreisbogens).

Unter den Selektionsfeldern können noch werkzeugspezifische Einstellungen vorgenommen werden, die hier nicht näher erläutert werden sollen. (Per Klick auf das kleine Fragezeichen kann man kontextbezogene Hilfe öffnen - häufig inklusive eines Video-Tutorials.)

Der Schieberegler ganz unten im Dialog lässt eine Vorher-/Nachher-Überblendung zu. Wird er ganz nach links gezogen, wird das neue Feature unsichtbar gemacht. Bewegt man ihn weiter nach rechts wird es immer deutlicher sichtbar dargestellt.

Oft werden von Werkzeugen auch Symbole wie z.B. Pfeile in der 3D Ansicht eingeblendet. Durch Klicken und Ziehen auf diese Symbole kann das Feature beeinflusst werden - z.B. der Rotationswinkel oder die Extrusionstiefe festgelegt werden.

Variablen

Variablen ermöglichen es relativ einfach, Beziehungen zwischen Größen zu etablieren (z.B. "diese Strecke ist doppelt so lang wie die andere"). Eine Variable kann über den -Button erzeugt werden. Der Variablen wird ein Name und ein Wert zugewiesen, z.B. WandDicke und 10. (Beim Wert kann auch eine Dimension angegeben werden, z.B. 10 mm. Die Variablen können nahezu überall referenziert werden, indem man ein # Zeichen gefolgt vom Variablennamen eingibt - also z.B. #WandDicke. In der Darstellung werden die Variablennamen dann durch die konkreten Werte ersetzt.

Überall wo nummerische Werte eingegeben werden können, werden auch mathematische Ausdrücke akzeptiert (siehe dazu auch die Onshape Dokumentation). Man kann z.B. #WandDicke * 2/3 angeben.

Leicht verwirrend ist, dass die Nutzung von Variablen und mathematischen Ausdrücken - z.B. in Featuredialogen - nicht offensichtlich gehalten wird. Vielmehr werden die jeweiligen aktuellen Werte der Variablen angezeigt. Erst wenn man einen Wert anklickt, erkennt man die Variablennutzung.

Beispiel

Schritt 1 - Anforderungen festlegen

Vor dem Design sollte man sich darüber klar werden, was genau das Ziel ist und welche Eigenschaften beachtet werden müssen. Wichtig ist dabei, zu entscheiden (oder auch Mutmaßungen darüber anzustellen), was am Design variabel sein soll und was konstant bleiben wird.

In diesem Beispiel soll eine Gussform für einen Lampenfuß aus Beton entstehen. Mir gefällt der, der in Werkstatt steht - insofern soll etwas ähnliches beim Design herauskommen. Folgende Eigenschaften soll der Fuß haben:

Zunächst soll der Lampenfuß selber - also als Positiv - entworfen werden und abschließend in ein Negativ - die Gussform umgewandelt werden.

Schritt 2 - Los geht's

Ziel: In diesem Schritt wir ein neues Dokument angelegt und der Querschnitt des Lampenfuß gezeichnet werden. Am Schluss soll es in der Zeichnung keine Freiheitsgrade mehr geben - keine Linie und kein Punkt soll mehr verschiebbar sein.

Nach dem Login legt man als erstes über den blauen "Create" Button links oben ein neues Dokument an und gibt ihm einen Namen. Nach kurzer Zeit bekommt man die Default Geometry mit ihren drei Ebenen und dem Ursprung des Koordinatensystems angezeigt:

(Wie bereits oben vergrößert ein Klick das Bild auf Originalgröße - das gilt im Übrigen für alle Bilder in diesem Kapitel.)

Ein RMB-Klick auf die Ebene "Right" öffnet ein Kontextmenü. Dort wählt man das Kommando "New sketch...". Eine neue Zeichnung mit dem Namen "Sketch 1" wird angezeigt und taucht in der Liste der Features auf. Mit der Anlage der Zeichnung haben sich die zur Verfügung stehenden Werkzeuge im Toolbar verändert - da nun der Sketch bearbeitet wird. Außerdem wird ein Dialog mit Grundlegenden Eigenschaften des Sketches angezeigt. Dieser Dialog lässt sich nicht ausblenden. Mit dem grünen Button in diesem Dialog kann man die Arbeit an dem Sketch beenden; das rote Kreuz rechts daneben verwirft die Änderungen und schließt den Sketch.

Zunächst kann man den Sketch benennen, um das spätere Wiederauffinden etwas zu vereinfachen. Dazu führt man den Mauszeiger im Sketchdialog ganz rechts neben den Namen. Ein kleiner Stift wird angezeigt, den man anklickt und danach den neuen Namen für den Sketch eingibt.

Nun drückt man einmal auf N, so dass die Kamera senkrecht auf die neue Zeichnung ausgerichtet wird. Danach zeichnet man grob den Querschnitt:

Im Beispiel ist das mit Absicht nur leidlich gelungen, um zu zeigen, dass etwas verunglückte Zeichnungen kein Problem darstellen. Im rechten Bereich der Werkzeugleiste befinden sich die Constraint-Werkzeuge. (Bei kleinen Fenstergrößen wird die Werkzeugleiste verkürzt dargestellt, die Werkzeuge befinden sich dann in Drop-Down-Menüs.)

Nun definiert man einige Constraints, z.B. wählt man die obere und untere Kante aus (siehe auch den Tipp zur Selektion) und klickt danach auf den Horizontal-Constraint. Alternativ kann man auch das Horizontal-Werkzeug aktivieren (Hotkey h) und dann nach und nach auf die Linien klicken, die horizontal liegen sollen. Das Werkzeug wird mit ESC wieder verlassen. Analog verfährt man mit dem Vertikal-Werkzeug (Hotkey v) und dem Schenkel, der senkrecht sein soll. Dann markiert man die Basis und den senkrechten Schenkel des Trapezes und führt einen Gleichheits-Constraint ein.

Die entsprechenden Kanten liegen nun parallel zu den Koordinatenachsen und Basis und rechter Schenkel haben die gleiche Länge. Nach wie vor wird der Linienzug blau (also nicht vollständig definiert) dargestellt. Zieht man nun an einem Eckpunkt, so wird man jedoch feststellen, dass die definierten Constraints immer durchgesetzt werden - die Form ist nicht mehr völlig frei änderbar.

Als nächstes soll die Anforderung umgesetzt werden, dass die Länge der oberen Kante sich proportional (mit einem Faktor 0,8) mit der Länge der Basis ändert. Dies lässt sich am einfachsten mit Hilfe einer Variable realisieren. Zur Definition der Variablen muss man allerdings den Sketch verlassen. In diesem Beispiel wird die Variable "laengeBasis" genannt. Ihr wird der Wert 350 mm zugewiesen.

Features - also auch die neue Variable "laengeBasis" - sind immer ausschließlich für die nachfolgenden Features sichtbar. Da die Variable nach dem Sketch erstellt wurde, kann sie in ihm momentan nicht verwendet werden. Da aber keine Abhängigkeit der Variable zu dem Sketch besteht, spricht nichts dagegen, sie in der Featureliste (per Drag'n'Drop) nach oben zu sortieren.

Umsortieren von Features funktioniert nur dann, wenn kein Feature aktiv bearbeitet wird. Ist ein Featuredialog sichtbar, muss er zunächst geschlossen werden.

Nach dem Umsortieren kann die Variable im Sketch genutzt werden, den man zunächst wieder öffnen muss. Danach klickt man das Dimensionierungswerkzeug (Hotkey d) an und klickt dann auf die Basislinie. Ein weiterer Klick unterhalb der Basislinie platziert die Dimensionsangabe, in die man nun #laengeBasis eingibt:

Verlässt man nun das Dimensionswerkzeug (ESC), so kann man feststellen, dass Breite und Höhe nun fixiert sind. Die Position des Trapezes und die Länge der oberen Kante sind dagegen immer noch veränderbar. Nun gibt man wie im Schritt zuvor die Länge der oberen Kante an - als Dimensionsangabe tippt man 0.8 * #laengeBasis ein.

Nun sollte das Trapez noch in seiner Lage festgelegt werden. Im Beispiel habe ich dazu einen "Coincidence" Constraint auf den Koordinatenursprung und die rechte untere Ecke definiert. Dieses "Festnageln" ist sinnvoll, da häufig Projektionen von Körpern, die aus Sketches entstehen in weiteren Sketches verwendet werden. Bleibt die Lage der Form variabel, so kann sich auch die Position der Projektionen ändern, was unerwünschte Konsequenzen mit sich bringen kann. Hat man die Form fixiert, ist sie vollständig definiert und wird schwarz dargestellt.

Optional können im Anschluss weitere Linien, Winkel usw. mit Dimensionsangaben versehen werden. Da diese "nur" abgeleitete Angaben sind, werden sie nur schwach dargestellt:

Schritt 3 - Auf in die dritte Dimension

Ziel: Aufbauend auf dem Querschnitt soll nun per Ergänzung weiterer Features und Sketches die äußere Hülle des Lampenfuß erzeugt werden.

Nachdem die Zeichnung nun vollständig definiert ist, ist alles bereit, aus dem gezeichneten Trapez einen Körper zu machen. Dazu kann (entweder noch im Sketch-Modus oder auch außerhalb) das "Extrude"-Kommando (Shift + e) verwendet werden. Wie im Kapitel Werkzeuge beschrieben wählt man nun die Neuanlage eines Solids aus, das man z.B. "Positiv" bezeichnet. Die Extrusionstiefe ist wiederum #laengeBasis. Nach Eingabe dieser Werte sollte sich das Feature erzeugen lassen und durch Bewegungen der Kamera von allen Seiten zu betrachten sein.

Als nächster Schritt der Aufbauanleitung - also der Featureliste - folgt nun das Aushöhlen des Körpers - schließlich ist Anforderung, dass der Lampenfuß nicht massiv sein soll. Dies kann auf unterschiedliche Arten und Weisen erreicht werden, u. a. durch Abziehen von Material mit Hilfe einer weiteren Extrusion. Im Beispiel wird jedoch das Shell-Werkzeug verwendet. Hier kommt nun erstmalig die Wandstärke ins Spiel, die gemäß der Anforderungen 10% der Länge der Basislinie betragen soll. Anders als bei der Länge der oberen Trapezkante ist hier schon klar, dass diese Größe mehrfach verwendet werden wird - z. B. für den Abstand der Aussparung für das Stromkabel vom Boden. Deshalb ist es sinnvoll, eine weitere Variable mit diesem Wert anzulegen. Entscheidet man sich später, dass die Wandstärke z. B. 15% der Länge der Basislinie betragen soll, muss man diese Änderung dann nur an einer einzigen Stelle - nämlich im Wert der neuen Variable - eintragen. Der Spielraum für etwaige Probleme wird damit klein gehalten. Im Beispiel wird eine neue Variable staerkeDerWaende definiert und als Wert #laengeBasis * 0.1 angegeben. In der Featureliste wird die Variable anschließend unmittelbar unter die Variablendefinition von laengeBasis verschoben und steht somit in allen folgenden Sketches und Features zur Verfügung. (Macht man einen Fehler und verschiebt die Variable noch weiter nach oben, so erscheint sie in der Featureliste rot, um auf das Problem hinzuweisen.)

Schritt 4 - Loch an Loch...

Ziel: Als nächstes sollen die Aussparungen für die Lampenfassungen und das Stromkabel erzeugt werden.

Für die Lampenfassungen wird das Hole-Werkzeug verwendet, das an Punkten von Sketches Löcher in unterschiedlichsten Varianten definieren kann - z.B. auch solche in denen eine Schraube mit Kopf (oder eine Lampenfassung mit Wulst) bündig versenkt werden kann.

Vorbereitend werden die Variablen durchmesserFassung (im Beispiel zunächst mit dem Wert 60 mm) und durchmesserWulst angelegt und zwei weitere Sketches auf der angeschrägten Seite und der Oberseite des Fußes erzeugt, die jeweils genau nur den Mittelpunkt der jeweiligen Flächen enthalten.

Für das Hole-Werkzeug werden die beiden Mittelpunkte selektiert, die Lochvariante Counterbore/Blind gewählt. Alle Parameter werden mit Hilfe der Variablen befüllt; für die Tiefe der Löcher wird #staerkeDerWaende angegeben:

Die Aussparung für das Stromkabel ließe sich nun mit Hilfe der Variablen ziemlich ähnlich bewerkstelligen, wie die Aussparungen für die Lampenfassungen, was aber wenig Neues beinhalten würde.

Mit einer leicht abgewandelten Vorgehensweise lässt sich ein weiteres sehr nützliches Werkzeug demonstrieren: das Projektions-Werkzeug ("Use"). Damit können z.B. Kanten von Körpern in eine Zeichnung projeziert und dort als (Hilfs-)Linien verwendet werden. In unserem Fall soll das Loch für das Stromkabel über einen Sketch auf der Rückwand des Lampenfußes definiert werden. Projeziert man eine innere Kante zwischen einer Seitenwand und der Rückwand auf diesen Sketch, so ist die Projektion eine Tangente des neu zu erstellenden Lochs und kann somit zur horizontalen Positionsbestimmung verwendet werden.

Praktisch läuft das so ab: Zunächst legt man auf der Rückwand des Fußes einen neue Sketch an und aktiviert diesen. Dann rotiert man das Werkstück so, dass man von unten eine Seitenwand und eine Rückwand sehen kann - z.B. indem die Ecke des Würfels rechts oben anklickt wird, die am Schnittpunkt der Ebenen Front, Right und Bottom liegt. Nun klickt man auf das Konstruktionsliniensymbol, danach auf das das Use-Werkzeug und selektiert dann die innen liegende, nun gut sichtbare Kante zwischen Rück- und Seitenwand. Eine neue Hilfslinie erscheint auf dem Sketch.

Nun zeichnet man einen Kreis auf den neuen Sketch, dimensioniert ihn gemäß Vorgaben (die im Fall Stromkabel wohl ziemlich konstant bleiben dürften) und definiert einen Tangential-Constraint zwischen der Hilfslinie und dem Kreis. Nun muss nur noch der Abstand des Kreises zur unteren Kante per Variable definiert werden und der Kreis ändert seine Farbe von blau nach schwarz. Ein Extrude später (Solid, Remove in der Variante "Up to next") ist die Aussparung für das Stromkabel fertig.

Das Positiv ist nun fertig - und kann ausgetestet werden, indem verschiedene Werte für die Variablen eingegeben werden. Zunächst ist es aber empfehlenswert, eine Version zu erstellen, damit man diesen gut funktionierenden Zwischenstand immer wieder herstellen kann. Dazu klickt man zuerst auf den Knopf "Manage versions and history" (zweiter Button rechts neben dem blauen Onshape Logo links oben) und dann im Dialog auf "Create Version".

Beim Herumspielen mit den Variablen kann man natürlich recht leicht blödsinnige Zustände herzustellen, indem man z.B. die Länge der Basislinie auf die Hälfte des Fassungsdurchmessers setzt. Das ist aber okay, denn es war nicht Ziel, ein vollständig narrensicheres Modell zu erstellen.

Schritt 5 - Ac-Cent-Tchu-Ate The Positive, Eliminate The Negative (oder andersrum...)

Ziel: Die Gussform für das bereits erstellte Positiv wird erstellt.

Die letzten Ergänzungen sollten nun relativ leicht fallen, deshalb werden sie weniger detailliert beschrieben.

Zunächst soll ein Körper erzeugt werden der in alle Richtungen staerkeDerWaende größer ist, als das Positiv. Dazu wird mit dem Ebenenwerkzeug ("Plane", relativ weit rechts im Toolbar) im Abstand #staerkeDerWaende eine neue Ebene parallel zur Ebene Right erzeugt und zwar so, dass sie das Positiv nicht schneidet. Auf dieser Ebene wird ein neuer Sketch angelegt.

Mit dem Offset-Werkzeug wird eine vergrößerte Version des ursprünglich entworfenen Querschnitts erzeugt. Der Abstand zwischen Original und Vergrößerung wird wiederum mit #staerkeDerWaende angegeben. Aus diesem größeren Trapez wird nun die Gußform extrudiert - mit der Tiefe 2*#staerkeDerWaende+#laengeBasis. Wichtig ist dabei, ein neues Part zu erzeugen - also im Extrude-Dialog New auszuwählen.

Nun wird per boolescher Operation das Positiv vom Negativ abgezogen. Im Boolean-Werkzeug wird als Tool das Positv und als Target die Gussform gewählt. Nun müssen nur noch an geeigneter Stelle ein oder mehrere Öffnungen zum Hineingießen des Betons und zum Entweichen der Luft erzeugt werden.

Schritt 6 - Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!

Ziel: Das Innenleben der Gußform studieren.

Nun ist die Gußform fertig - nur kann man naturgemäß wenig von der Form sehen. Ob alles so geklappt hat, wie gedacht?

Mit einem kleinen Kunstgriff - der zudem noch ein paar weitere Werkzeuge vorstellt - lässt sich der gewünschte Einblick in das Innenleben herstellen. Vorher sollte eine weitere Version der Datei festgehalten werden.

Als erstes wird eine weitere Offsetebene von der Ebene Right erzeugt - diesmal soll sie ungefähr in der Mitte der Gußform landen. (Die Nutzung von Variablen ist an dieser Stelle unwichtig.) Die neue Ebene wird "Schneidefläche" benannt.

Nun wird die Gußform mittels des Split-Werkzeugs in zwei Teile zerlegt:

Danach wird mit Hilfe des Transform-Werkzeugs der vordere Teil der Form aufgeklappt - das heißt, er wird um die entstandene hintere Schnittkante rotiert:

Das sieht schon recht überzeugend aus - aber es geht noch etwas besser. Aktiviert man per Doppelklick auf den Eintrag "Schneidefläche" nochmals die Ebenendefinition verschwinden zunächst die Auswirkungen aller Folgeschritte und man sieht wieder nur die Außenhülle.

Aktiviert man im Dialog aber nun den Final Button, wird das gesamte Rezept bis zum Ende gerechnet. Nun kann man die Offset Distanz der Ebene per Drag'n'Drop hin- und herschieben und hat so etwas wie ein Computertomograph für die Gussform - hier ist z. B. die Aussparung für das Stromkabel gut erkennbar:

Das Beispieldokument ist übrigens unter dem Titel "FabLab MUC Vorstellung Onshape" jeder und jedem zugänglich.

 

Was funktioniert nicht bzw. nicht so gut?